See­not­ret­tung: Wer regelt, wie geret­tet wird?

"Beihilfe zur illegalen Einwanderung und Verletzung des Seerechts". Welche Gesetze gelten für die Seenotrettung? Wohin müssen Gerettete gebracht werden? Aus Seenot gerettete Menschen sollen gemäß SOLAS an einen "sicheren Ort" gebracht werden.

Wohin müs­sen Geret­te­te gebracht wer­den? Aus See­not geret­te­te Men­schen sol­len gemäß SOLAS an einen “siche­ren Ort” gebracht wer­den. Das muss aber nicht der nächs­te Hafen, son­dern kön­ne bei­spiels­wei­se auch ein ande­res Schiff sein, wie Nele Matz-Lück, Pro­fes­so­rin für Öffent­li­ches Recht mit dem Schwer­punkt See­recht an der Uni­ver­si­tät Kiel, dem ARD-fak­ten­fin­der sag­te. Genau­er defi­niert ist der “siche­re Ort” in den “Richt­li­ni­en für die Behand­lung von auf See geret­te­ten Per­so­nen”:

“Es ist auch ein Ort, an dem das Leben der Über­le­ben­den nicht mehr wei­ter in Gefahr ist und an dem ihre mensch­li­chen Grund­be­dürf­nis­se (wie zum Bei­spiel Nah­rung, Unter­kunft und medi­zi­ni­sche Bedürf­nis­se) gedeckt wer­den kön­nen. Es ist wei­ter ein Ort, von dem aus Vor­keh­run­gen für den Trans­port der Über­le­ben­den zu ihrem nächs­ten oder end­gül­ti­gen Bestim­mungs­ort getrof­fen wer­den können.”

Wer war für z.Bsp. die “Sea-Watch 3” zustän­dig? Nor­ma­ler­wei­se muss der jeweils zustän­di­ge Küs­ten­staat einen Hafen zuwei­sen. Im Fall der “Sea-Watch 3” wäre das Liby­en gewe­sen, das dann für gewöhn­lich den Hafen von Tri­po­lis angibt, wie Valen­tin Schatz vom Lehr­stuhl für Inter­na­tio­na­les See­recht der Uni­ver­si­tät Ham­burg dem ARD-fak­ten­fin­der sagte.

Liby­en gel­te aller­dings nicht als “siche­rer Ort”, eine Rück­füh­rung von Flücht­lin­gen nach Liby­en wäre sogar rechts­wid­rig. Den nächst­ge­le­ge­nen Hafen Lam­pe­du­sa anzu­steu­ern, hält Schatz des­halb für nachvollziehbar.

Das Pro­blem ist wei­ter­hin, dass die liby­schen Häfen nicht sicher sind: Das Land befin­det sich mit­ten in einem Bür­ger­krieg; loka­le Mili­zen und Schlep­per­ban­den unter­hal­ten in Küs­ten­nä­he Fol­ter­ge­fäng­nis­se, in denen die Migran­ten unmensch­li­chen Tor­tu­ren aus­ge­setzt sind.

Immer wie­der for­der­ten Poli­ti­ker und Teil­neh­mer von Dis­kus­sio­nen in sozia­len Netz­wer­ken, die Geret­te­ten nach Tune­si­en zu brin­gen. Jedoch gibt es in Tune­si­en kein natio­na­les Asyl­ver­fah­ren. Tune­si­en hat sich außer­dem in der Ver­gan­gen­heit wenig koope­ra­tiv gezeigt und “wie­der­holt über lan­ge Zeit gewei­gert, Geret­te­te – zum Bei­spiel von Fracht­schif­fen – anzu­neh­men” und ver­fü­ge über kei­ne Ret­tungs­leit­stel­le, erklär­te der “Sea-Watch”-Sprecher. “Es geht nicht nur dar­um, Ret­tungs­ein­sät­ze auf dem nächs­ten Stück Land abzu­ge­ben, son­dern die Über­le­ben­den tat­säch­lich in einen siche­ren Hafen zu bringen.”

Eben­so unter­sagt die Regie­rung in Tunis das Anlan­den von Ret­tungs­schif­fen. Der Maghreb-Staat will unter allen Umstän­den ver­mei­den, ein Tran­sit­land für Flücht­lin­ge zu wer­den und hat es des­we­gen auch abge­lehnt, auf sei­nem Ter­ri­to­ri­um Flücht­lings­zen­tren des UNHCR errich­ten zu las­sen, in denen die Migran­ten außer­halb der EU-Gren­zen ihre Asyl­an­trä­ge für Euro­pa zu stellen.

Ita­li­en hät­te im Fall der “Sea-Watch 3” dann einen Hafen zuwei­sen müs­sen. Frank­reich reagier­te nach Anga­ben der See­not­ret­ter nicht auf eine Anfra­ge, Mal­ta lehn­te ab. Die Aus­sa­ge des ita­lie­ni­schen Innen­mi­nis­ters Matteo Sal­vi­ni, das Schiff, das unter nie­der­län­di­scher Flag­ge fährt, hät­te doch in die Nie­der­lan­de wei­ter­fah­ren kön­nen, hält Schatz für welt­fremd. Das Schiff sei nicht dazu aus­ge­legt und hät­te selbst als See­not­fall enden können.

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